Gründungserklärung
Gesellschaft für sozioökonomische Bildung und Wissenschaft (GSÖBW)
Der Ruf nach interdisziplinärem Denken und Forschen steht auf der öffentlichen Agenda seit einigen Jahren weit oben. Die Gesellschaft für sozioökonomische Bildung und Wissenschaft (GSÖBW) trägt den Forderungen nach einer Erneuerung der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und Lehre Rechnung. Ihrem Selbstverständnis nach stellt sich sozioökonomische Bildung und Wissenschaft weniger als eine Natur-, sondern vielmehr als eine multiparadigmatische Sozialwissenschaft dar. Sie verpflichtet sich den Prinzipien der Interdisziplinarität, Pluralität und Kontroversität ebenso wie der permanenten ethischen Reflexion. Dies betrifft die Lehre an den Hochschulen ebenso wie den Unterricht an Schulen, verbreitet sich die Forderung nach (mehr) Pluralismus doch vielmehr institutionenübergreifend.
Notwendig sind hochschul- und fachdidaktische Konzeptionen, die die Perspektiven und Befunde der zentralen Bezugsdisziplinen, d. h. Volkswirtschaftslehre, Soziologie und Politikwissenschaft, in Bezug zueinander setzen. Dies ermöglicht nicht nur vernetztes und somit sinnstiftendes Lernen und Studieren, sondern zugleich die Entwicklung differenzierter(er) Ansätze zur Lösung realer gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Probleme. Um die wechselseitigen Bezüge zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sowie ihre bisweilen unterschiedlichen Logiken analysieren zu können, müssen Lehr- und Lerninhalte jedoch so thematisiert werden, dass sich Verbindungslinien zwischen diesen Sphären ziehen lassen.
Gegenwärtig lösen viele wirtschaftswissenschaftliche Curricula den Gegenstandsbereich Wirtschaft aus seinen gesellschaftlichen, politischen, historischen und kulturellen Kontexten. Dies befördert einseitige Weltbilder und unterkomplexe Problemwahrnehmungen, begrenzt Gestaltungsoptionen und erschwert oder verunmöglicht Problemlösungen. Deshalb bedarf es problemorientierter, interdisziplinärer und pluraler Herangehensweisen an gesellschaftliche Problemlagen und politische Herausforderungen. Ökonomische Fragestellungen müssen in ihren sozialen, ökologischen, politischen und kulturellen Zusammenhängen analysiert und reflektiert werden. Dies gilt für die seit einigen Jahren währende Finanz- und Staatsschuldenkrise ebenso wie mit Blick auf Fragen, die das Steuer-, Sozial- und Verkehrssystem betreffen.
An vielen Orten findet multidisziplinäre und plurale Forschung zu schulischer Bildung und Hochschullehre im sozioökonomischen Feld bereits statt. Diese Aktivitäten blieben jedoch bislang zerstreut. Nun gibt es einen Kristallisationspunkt für den diesbezüglichen wissenschaftlichen Austausch sowie eine Adresse für die öffentliche Aufmerksamkeit: die GSÖBW. Sie soll multi- und interdisziplinäre sowie pluralistische und problemorientierte Herangehensweisen in Schule und Hochschule verbreiten, vertiefen und verankern. Vor allem aber soll sie Forschung dazu initiieren, koordinieren und präsentieren.
Ein wesentlicher Impuls zur Gründung der GSÖBW kam aus der Initiative für eine bessere ökonomische Bildung (iböb), die sich bereits 2011 informell gebildet hat. In Gesprächen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die zu Pluralismus und Problemorientierung in Schule und Hochschule forschen, hat die Idee, dafür eine eigene Gesellschaft zu gründen, Gestalt gewonnen. So freut es uns, dass die Gründung der GSÖBW auch von zahlreichen Personen unterstützt wird, die nicht zu den Gründungsmitgliedern zählen. Die GSÖBW versteht sich als universitätsübergreifendes Netzwerk von Forschenden, die zu Themen der Sozioökonomie und/oder der sozioökonomischen Bildung arbeiten. Die GSÖBW soll als wissenschaftliche Fachgesellschaft den wissenschaftlichen Austausch fördern, Forschungsansätze vernetzen und zur wissenschaftlichen und bildungsbezogenen Politikberatung beitragen. Institutionalisierte Angebote sollen sozioökonomische und andere sozialwissenschaftliche, fachdidaktische und hochschuldidaktische sowie bildungs- und hochschulpolitische Überlegungen zu Bildung und Ausbildung im wirtschaftlichen Feld systematisch zusammenführen.
Die GSÖBW macht das Netzwerk und seine Aktivitäten nicht nur sichtbar, sondern will überdies theoretisch angeleitete, empirisch fundierte und wissenschaftlich wie politisch relevante Forschung, Lehre und Bildung anregen. Dazu bietet die Gesellschaft verschiedene Möglichkeiten der Mitarbeit und des Austausches:
- Veranstaltungen in Form von Kolloquien, Workshops und Tagungen,
- fachliche oder thematische wissenschaftliche Sektionen,
- Herausgabe und Förderung thematisch einschlägiger Publikationen,
- Beteiligung an wissenschaftlicher Politikberatung.
Die Organisation der GSÖBW tragen die Mitglieder der Gesellschaft selbst. Die von mehr als zwei Dutzend Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern am 6. Oktober 2016 in Frankfurt/Main gegründete Gesellschaft heißt jeden und jede, der/die in diesem Forschungs-, Lehr- und Bildungsfeld arbeitet, als Mitglied herzlich willkommen. Allen anderen steht eine Fördermitgliedschaft offen. Die Gesellschaft wird vom 16. bis 18. März 2017 eine erste Vernetzungstagung an der Akademie für Politische Bildung Tutzing organisieren. Dort werden auch erste thematisch orientierte Arbeitskreise und Sektionen ins Leben gerufen. Weitere und aktuelle Informationen über die Aktivitäten des Vereins finden sich alsbald auf der Webseite unter www.sozioöoekonomie.eu.
Founding Statement
Association for SocioEconomic Education and Research (ASEER)
Interdisciplinary thinking and research have become established concepts over recent years. The Association for SocioEconomic Education and Research (ASEER) represents a response to calls for a renewal of education and research in the economic sciences. The Association understands economics as a multi-paradigmatic social science, and subscribes to the principles of interdisciplinarity, plurality, controversy, and continuous ethical reflection. This applies to both university and school teaching, with the demand for (greater) pluralism applying across the spectrum of institutions.
We need university and teacher training concepts that connect the perspectives and findings of the central related disciplines – economics, sociology and politics. This will enable not only networked, meaningful learning and study, but also the development of (more) sophisticated approaches for addressing real social, political and economic problems. In order to analyse the interactions between politics, the economy and society, and their sometimes different logics, however, teaching methods must draw the connections between these spheres.
As things stand today, many economics curricula isolate the topic of the economy from its societal, political, historic and cultural contexts. This promotes one-sided worldviews and inadequately differentiated problem perceptions, restricts the opportunities for influence, and makes the search for solutions difficult or impossible. Problem-driven, interdisciplinary and pluralistic approaches are therefore required to tackle social problems and political challenges. Economic questions need to be analysed and reflected in their social, ecological, political and cultural contexts. This applies similarly to the financial and state debt crisis that has now dragged on for years, and to questions concerning the fiscal, social and transport systems.
Pluralistic, multidisciplinary research on school education and university teaching in the field of socioeconomics is already in progress. But the diverse activities remain scattered. Now there is a venue for academic exchange and an address for public notice: the Association for SocioEconomic Education and Research (ASEER). Its brief is to disseminate, deepen and anchor multidisciplinary, interdisciplinary, pluralist and problem-led approaches in schools and universities. And above all, to initiate, coordinate and publicise relevant research.
One central impetus for founding ASEER came from the Initiative for Better Economic Education, which was established informally in 2011. The idea of founding a dedicated Association arose in the course of discussions with researchers working on pluralism and problem-orientation in school and university education. We are very pleased that ASEER has already gained the support of numerous individuals beyond its founding membership. ASEER sees itself as an open network of academic researchers working on questions of socioeconomics and/or socioeconomic education. As a scientific society, ASEER will promote academic exchange, network research initiatives, and contribute to academic and education-related policy consultation. Institutionalised channels will systematically bring together socioeconomics sociology, teacher training, higher education didactics, and educational policy as they relate to education and training in the field of economics.
Over and above lending visibility to the network and its activities, ASEER will encourage theoretically driven, empirically grounded and scientifically and politically relevant education and research. To that end, the Association offers various options for participation and exchange:
- Workshops, colloquia, and seminars,
- Sections for specific disciplines and issues,
- Publication and promotion of relevant publications,
- Participation in policy consultation.
The Association was founded by more than a dozen academics at a meeting in Frankfurt am Main on 6 October 2016, and is run by its members. Working groups and sections will be set up at a networking meeting at the Akademie für Politische Bildung in Tutzing, Bavaria, on 17/18 March 2017. Anyone working in this field of teaching and/or research is welcome to join. Others may register as supporters. Further information and updates (in German) can be found on our website: http://soziooekonomie-bildung.eu/.
Folgende Personen unterstützen die Gründung der Gesellschaft für sozioökonomische Bildung und Wissenschaft (GSÖBW):
- Prof. Dr. Thomas Beschorner | Professur für Wirtschaftsethik und Direktor des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen | Universität St. Gallen
- Prof. Dr. Hans-Jürgen Bieling | Professur für Politik und Wirtschaft (Political Economy) und Wirtschaftsdidaktik | Eberhard Karls Universität Tübingen
- Prof. Dr. Tim Engartner | Professur für Didaktik der Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt schulische politische Bildung | Goethe-Universität Frankfurt a. M.
- Prof. i.R. Dr. Gerd E. Famulla | Professur für Wirtschaftswissenschaften und ihre Didaktik | Universität Flensburg
- Prof. Dr. Andreas Fischer | Professur für Berufs- und Wirtschaftspädagogik sowie Didaktik der Wirtschaftslehre | Leuphana Universität Lüneburg
- Prof. Dr. Daniel Fischer | Juniorprofessur für Sustainability Science | Institute for Environmental & Sustainability Communication (INFU) | Leuphana Universität Lüneburg
- Prof. Dr. Christian Fridrich | Professur für Geographie und Wirtschaftskunde | Pädagogische Hochschule Wien
- Dr. Christoph Gran | Netzwerk Plurale Ökonomik
- Prof. Dr. Silja Graupe | Professorin für Ökonomie und Philosophie | Cusanus Hochschule
- Prof. Dr Udo Hagedorn | Professur für Berufspädagogik – Empirische Lehr-Lernforschung im Kontext beruflicher Organisations- und Qualitätsentwicklung | Leibniz Universität Hannover
- Prof. Dr. Reinhold Hedtke | Professur für Didaktik der Sozialwissenschaften und Wirtschaftssoziologie | Universität Bielefeld
- Prof. Dr. Arne Heise | Professur für Finanzwissenschaft und Public Governance | Universität Hamburg
- Prof. Dr. Stefanie Hiß | Professur für Soziologie mit dem Schwerpunkt Märkte, Organisationen und Governance | Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Prof. Dr. Martin Höpner | Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung und apl. Professur an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität zu Köln
- Prof. Dr. Gustav Horn | Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans Böckler Stiftung und apl. Professur an der Universität Duisburg-Essen
- Prof. Dr. Dirk Lange | Professur für Didaktik der politischen Bildung | Leibniz Universität Hannover
- Prof. Dr. Sighard Neckel | Professur für Gesellschaftsanalyse und Sozialer Wandel | Universität Hamburg
- Prof. Dr. Werner Nienhüser | Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Arbeit, Personal und Organisation | Universität Duisburg-Essen
- Prof. Dr. Andreas Nölke | Professur für Politikwissenschaft, insbesondere Internationale Beziehungen und Internationale Politische Ökonomie | Goethe-Universität Frankfurt a. M.
- Prof. Dr. Andreas Oehler | Professur für Finanzwirtschaft | Otto-Friedrich-Universität Bamberg
- Prof. Dr. Walter Oetsch | Professur für Ökonomie und Kulturgeschichte | Cusanus Hochschule
- Prof. Dr. Stephan Panther | Professur für Ökonomie und interdisziplinäre Institutionenforschung | Cusanus Hochschule
- Prof. Dr. Dr. Helge Peukert | apl. Professur für Finanzwissenschaft und Finanzsoziologie | Universität Erfurt
- Prof. Dr. Jack Reardon | Professorship for Economics, Marketing, and Strategy | Hamline University
- Prof. em. Dr. Sibylle Reinhardt | Professur für Didaktik der Sozialkunde | Martin-Luther-Universität Halle
- Prof. Dr. Ulf Schrader | Professur für Arbeitslehre/ Ökonomie und Nachhaltiger Konsum | Technische Universität Berlin
- Prof. Dr. Georg Tafner | Leiter des Bundeszentrums für Professionalisierung in der Bildungsforschung (Österreich) und Professur für Bildungsforschung und sozioökonomische Bildung an der PH Steiermark
- Prof. Dr. Matthias Thiemann | Professur für Soziologie mit dem Schwerpunkt des Finanzmarktes, der Banken und des Geldes | Goethe-Universität Frankfurt a. M.
- Prof. Dr. Till van Treeck | Professur für Sozialökonomie | Universität Duisburg-Essen
- Prof. Dr. Birgit Weber | Professur für Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt ökonomische Bildung | Universität zu Köln
- Prof. Dr. Tatjana Zimenkova | Professur für Diversität und Differenz in Fachdidaktiken und in Schul- und Unterrichtsforschung | Technische Universität Dortmund
- Prof. Dr. Bettina Zurstrassen | Professur für Didaktik der Sozialwissenschaften | Universität Bielefeld
Dem Vorstand gehören folgende Personen an (Stand: Oktober 2016):
- Prof. Dr. Tim Engartner (Sprecher des Vorstands)
- Prof. Dr. Silja Graupe (Stellvertretende Sprecherin des Vorstands)
- Prof. Dr. Andreas Fischer (Schatzmeister)
- Dr. Christoph Gran
- Prof. Dr. Udo Hagedorn
- Prof. Dr. Reinhold Hedtke
- Prof. Dr. Georg Tafner
- Prof. Dr. Till van Treeck
- Prof. Dr. Bettina Zurstrassen
Frankfurt/Main, den 6.10.2016